Der Spanier in der Mülltonne
„Was machst du in der Mülltonne?“, fragte ich den Spanier.
„Ich verstecke mich!“, sagte der Spanier.
„Aha“, sagte ich.
Ich hatte den Spanier am Vorabend kennengelernt. Er hatte mir im Restaurant einen Stier serviert und mir ein Kompliment zu meinem neuen Schlips gemacht. Nun, einen Tag später, sah ich ihn auf der Rückseite des Restaurants in einer Mülltonne. Natürlich sprach ich ihn an, das hättet ihr auch gemacht.
„Wovor versteckst du dich?“, fragte ich weiter.
„Vor dem anderen Kellner“, flüsterte er „der versucht effektiver zu arbeiten als ich. Aber wenn er mich nicht arbeiten sieht, kann er auch nicht wissen, ob er effektiver arbeitet als ich – ha!“, rief er.
Ich beschloss ihn nicht auf seinen Denkfehler hinzuweisen, sondern setzte mich zu ihm in die Tonne.
„Ich darf doch, oder?“, fragte ich.
„Aber selbstverständlich“, sagte er und betrachtete meinen Aufzug „Einen schicken Schlips tragen Sie da!“
„Danke“, sagte ich und verließ die Tonne wieder.
Tatsächlich war dieses Kompliment der einzige Grund gewesen, warum ich mich zu ihm in die Mülltonne setzte. Ich ging weiter zum Hafen und kam mit einer Möwe ins Gespräch.
„Jo“, sagte die Möwe „hast du hier irgendwo einen Fisch gesehen?“
„Nein“, sagte ich „aber ich habe etwas viel Besseres!“
„Was denn?“, fragte die Möwe. Da zeigte ich ihr meinen Schlips und die Möwe staunte nicht schlecht und meinte, dass sie so einen tollen Schlips noch nie gesehen hatte.
Wir gingen ein paar Mal aus, aber es war dann doch eine sehr einseitige Sache. Die Möwe bewunderte meinen Schlips und das wars.
Ich kehrte zurück zum Spanier in die Mülltonne und sagte ihm, was ich ihm vielleicht schon viel früher hätte sagen sollen: „Du stinkst!“
„Das muss am Müll liegen!“, meinte er.
Ich nickte. Dann gab ich ihm den Tipp, doch lieber mehr zu arbeiten, als sein Kollege.
Da widersprach er mir vehement und sagte: „Nein! Ich habe mich lange genug versteckt. Ich möchte gar nicht effektiver als irgendjemand sein, ich möchte auch gar nicht mehr arbeiten. Ich möchte einfach nur Fisch essen!“
Ich gab ihm die Nummer der Möwe und setzte mich selber in die Tonne.
Es gibt Tage, da passiert so etwas.