Mein Handystecker im Lebkuchenhaus
Mein Handy hat einen besonderen Stecker. Wir schreiben das Jahr 2003 und es gibt für jedes technische Gerät einen einzelnen Stecker. Bei 3,4 Milliarden elektrischen Geräten macht das also 3,4 Milliarden Stecker. Mein Handy hatte einen von Ihnen.
Ich kam gerade aus meinem wohlverdienten, dreiwöchigen „Mir-war-langsweilig-also-bin-ich-weggefahren“-Urlaub zurück. In der Zeit hatte ich mein Handy dabei, musste aber direkt am zweiten Tag feststellen, dass ich das Ladekabel mit Stecker zuhause liegen gelassen habe. Ich machte mir trotzdem ne schöne Zeit, weil im Urlaub braucht man kein Handy. Ich schaute fernsehen.
Das alles spielte aber eigentlich keine Rolle. Ich wollte nur, als ich wiederkam mein Handy aufladen, fand aber den Stecker nicht.
„Hast du denn wirklich überall geguckt?“
„Wann hast du ihn zuletzt verwendet?“
„Soll ich ihn vielleicht mal anklingeln?“
Das sind alles Sachen, die mir mein Umfeld geraten hat. Und soll ich euch etwas verraten? Ich hab den Stecker trotzdem nicht gefunden.
Die Monate vergingen. Es wurde Frühling, Sommer und im Herbst fielen die Blätter.
In all dieser Zeit benutzte ich nicht ein mal mein Handy. Was dachten die Leute, die mich versuchten zu erreichen?
Dann kam Dezember und ich backte mit meiner Nichte pünktlich zum 1. Advent ein Lebkuchenhaus. Wir spielten, dass dieses Haus echt sei.
„Hallo, ist jemand zu Hause?“, klopfe ich an.
„OB DU DA BIST HAT ER GEFRAGT!“, schrie meine Nichte.
Ich war ein bisschen schockiert und diesen plötzlichen Gefühlsausbruch. Meine Nichte aber war sehr schockiert, als aus dem Lebkuchenhaus tatsächlich eine Antwort kam.
„Lasst mich, ich will gerade nicht rauskommen!“, sagte die Stimme.
„MUSST DU ABER!“, schrie meine Nichte und wollte anfangen das Haus aufzuessen.
„Moment“, versuchte ich sie zu beruhigen. „Wir müssen seine Bitte respektieren.“
„ODER WIR LOCKEN IHN RAUS“, schrie meine Nichte. Ich fand die Idee gut, fragte mich aber erneut, warum meine Nichte seit neustem immer so schrie.
Ich widmete mich wieder dem Lebkuchenhaus. „Es ist schon Weihnachten und die Geschenke sind da!“, log ich „Wenn du nicht bald rauskommst, machen wir deine Geschenke ganz alleine auf!“
Es stöhnte, dann tappelte es und schließlich öffnete sich die Lebkuchenhaustür.
Mein Stecker stand da und starrte mich an.
„Oh, verdammt!“, sagte er, als er mich sah. Doch noch ehe er erkennen konnte, dass es gar nicht Weihnachten war oder fluchtartig die Tür ins Schloss fallen lassen konnte, hatte ich ihn geschnappt und meine Handy aufgeladen.
Ich schaltete es an: ‚Keine verpassten Anrufe‘, hieß es auf dem Display.
Ich setzte den Stecker zurück ins Haus und ließ meine Nichte alles aufessen.
„SCHMECKT SEHR GUT!“, rief sie.
Wozu die ganzen Mühen? Im übrigen bin ich der Meinung, dass Wikipedia einen schönen Artikel über Stecker geschrieben hat!